Aussagen zu Heiner Bauschert
Dr. Karin Schick:
Anders als Leinwand oder Papier leistet Holz der Hand Widerstand.
… Heiner Bauschert stellte seine Holzschnitte in kleinen Auflagen meist eingenhändig in seiner Werkstatt her und rieb sie entweder einzeln mit dem Falzbein auf Japanpapier durch oder druckte sie auf einer Handpresse. Selten hat er mehr als 40 Exemplare von einem Druck in die Welt gelassen.
… Bauscherts Drucken ist zurecht eine malerische Qualität zugesprochen worden.
… Bauschert hat im Hinblick auf seine Holzschnitte betont: „Farbe ist für mich nicht Illustration oder Unterstreichung. Wenn Farbe keine Eigenwertigkeit in der Graphik entwickelt, ist sie unnötig“.
… Seine fließenden Farbkompositionen hat er bewusst in die Nähe von Musik gerückt: Gerade die Strukturen und Kontrapunkte in den Werken Johann Sebastian Bachs fände er in seinen Arbeiten wieder.
Max Mülberger:
… Der großformatige, teilweise betont „malerische“ Farbholzschnitt wurde mehr und mehr Heiner Bauscherts eigentliches künstlerisches Metier; hier hat er, vor allem in den siebziger und frühen achtziger Jahren, wahrhaft überragendes geleistet und Blätter geschaffen, die vor der großen Tradition deutscher Holzschnittkunst Bestand haben, sie um Facetten der Komposition und Materialbehandlung, wie auch um ganze Themenbereiche, dauerhaft mehren.
… Die verwendeten Farbmischungen hielt er akribisch in Proben und Aufschrieben fest, um eine noch nicht ausgedruckte Auflage später fortsetzen zu können. Und er führte genau Buch über die Auflagen-Höhe; war ein Blatt einmal vergriffen, so wurde auch für den besten Freund kein Blatt „EA“ mehr nachgedruckt.
… Heiner Bauschert war ein geselliger humorvoller und großzügiger Mensch, der die Stunden im Freundeskreis liebte. Seine Gäste verwöhnte er mit selbstgekochten Spezialitäten und mit Weinen vom Besten. – Er riß sich nicht drum, seine Kunst – an deren Resonanz er sich allemal freute – zu „erläutern“; aber ernsthaften Fragen zu einzelnen Blättern – nach Motiven und Zusammenhängen, auch zu technischen Details – war er stets offen, und seine Werkstatt wurde oft zu einer Stätte liebenswürdig geduldiger Demonstration.
Dr. Dr. Adolf Smitmans:
Die Generation der Lehrer Heiner Bauscherts in Karlsruhe griff in ihrer künstlerischen Praxis und in ihrem Selbstbewusstsein weit vor den Nationalsozialismus zurück bis in die zwanziger Jahre, ja in der Person Erich Heckels bis zum Aufbruch des Expressionismus nahe dem Beginn des Jahrhunderts.
Nicht als hätte man das überstandene Unheil verdrängt. Aber der Augenblick galt doch der Wiedervergewisserung einer zugleich sinnlichen und freien Welt. Auch Tübingen, wo ich in den fünfziger und sechziger Jahren immer wieder leben durfte, hatte an dieser Wiedervergewisserung teil – weniger sinnlich vielleicht, aber frei und lebendig auch. Es war eine gute Zeit. Hoffnungsvoller als heute dachten wir die Existenz des Menschen in der Welt. Das Theater blühte, die Kunstszene war klein, aber unverbraucht, Individualitäten erkennbar, nicht von den Top-Namen überdeckt.
Heiner Bauschert, mit dem Erbe des deutschen Expressionismus begabt, schuf aus dem Holz eine farben- und formenreiche Welt. Mit sicherem Blick für die abstrakte Form in der realen Erscheinung, nicht ohne Hintergründigkeit und dunkel auch, war er vor allem von der sichtbaren Erscheinung des Menschen und der Natur bewegt.
Helmut Hornbogen:
Heiner Bauschert war Holzschneider sui generis. Das Holz hatte für ihn geradezu existenzielle Bedeutung. Es gibt einen Holzschnitt von 1980, auf dem er sein Bildnis halb aus den konzentrischen Jahresringen einer Hirnholzscheibe herauswachsen ließ, die bei ihm zur Zeitscheibe wurde: Der klaffende Spalt neben dem Selbstportrait mutet wie ein memento mori an, und darunter ist sein Geburtsdatum ins Holz gegraben.
Am 17. August 1928 war Heiner Bauschert in Tübingen als Sohn eines künstlerisch talentierten Volksschullehrers zur Welt gekommen. Von 1947 bis 1950 studierte er an der Akademie der bildenden Künste Karlsruhe bei Wilhelm Schnarrenberger (Malerei) und Karl Hubbuch (Zeichnen). Schon der Student entdeckte seine Liebe zum Holz als Urbild des Gewachsenen. Es begann ein stilles und zähes, aber freundschaftliches Ringen, bei dem Bauschert nach und nach schier unübertreffliche Souveränität im Umgang mit Holzstock und Schneidemesser entwickelte. Die formale Reduktion und das sensibel kalkulierte Verhältnis von Form und Farben wurden ihm immer wichtiger. So kam es dann bald, dass sich seine gegenständlich gebliebenen Blätter immer auch von der reinen Form her lesen ließen, wie sich das für alle bedeutende Kunst gehört.
Durch HAP Grieshaber in erster, Heiner Bauschert dann aber auch schon in zweiter Linie avancierte Südwestdeutschland, oder enger noch: die Gegend um Reutlingen und Tübingen, zu einem Zentrum des neuen deutschen Holzschnitts. An weiteren Namen wären Klaus Herzer, Andreas Felger und Manfred Degenhardt zu nennen. Heiner Bauschert, der sich bei seinen frühen schwarzweißen Schnitten zunächst von expressionistischen Ausdrucksweisen leiten ließ, gehörte aber zu den ganz wenigen Holzschneidern, die sich auf eigenen Wegen aus dem Schatten Grieshabers zu lösen vermochten.
Max Mülberger:
… Der großformatige, teilweise betont „malerische“ Farbholzschnitt wurde mehr und mehr Heiner Bauscherts eigentliches künstlerisches Metier; hier hat er, vor allem in den siebziger und frühen achtziger Jahren, wahrhaft überragendes geleistet und Blätter geschaffen, die vor der großen Tradition deutscher Holzschnittkunst Bestand haben, sie um Facetten der Komposition und Materialbehandlung, wie auch um ganze Themenbereiche, dauerhaft mehren.
… Die verwendeten Farbmischungen hielt er akribisch in Proben und Aufschrieben fest, um eine noch nicht ausgedruckte Auflage später fortsetzen zu können. Und er führte genau Buch über die Auflagen-Höhe; war ein Blatt einmal vergriffen, so wurde auch für den besten Freund kein Blatt „EA“ mehr nachgedruckt.
… Heiner Bauschert war ein geselliger humorvoller und großzügiger Mensch, der die Stunden im Freundeskreis liebte. Seine Gäste verwöhnte er mit selbstgekochten Spezialitäten und mit Weinen vom Besten. – Er riß sich nicht drum, seine Kunst – an deren Resonanz er sich allemal freute – zu „erläutern“; aber ernsthaften Fragen zu einzelnen Blättern – nach Motiven und Zusammenhängen, auch zu technischen Details – war er stets offen, und seine Werkstatt wurde oft zu einer Stätte liebenswürdig geduldiger Demonstration.
Dr. Dr. Adolf Smitmans:
Die Generation der Lehrer Heiner Bauscherts in Karlsruhe griff in ihrer künstlerischen Praxis und in ihrem Selbstbewusstsein weit vor den Nationalsozialismus zurück bis in die zwanziger Jahre, ja in der Person Erich Heckels bis zum Aufbruch des Expressionismus nahe dem Beginn des Jahrhunderts.
Nicht als hätte man das überstandene Unheil verdrängt. Aber der Augenblick galt doch der Wiedervergewisserung einer zugleich sinnlichen und freien Welt. Auch Tübingen, wo ich in den fünfziger und sechziger Jahren immer wieder leben durfte, hatte an dieser Wiedervergewisserung teil – weniger sinnlich vielleicht, aber frei und lebendig auch. Es war eine gute Zeit. Hoffnungsvoller als heute dachten wir die Existenz des Menschen in der Welt. Das Theater blühte, die Kunstszene war klein, aber unverbraucht, Individualitäten erkennbar, nicht von den Top-Namen überdeckt.
Heiner Bauschert, mit dem Erbe des deutschen Expressionismus begabt, schuf aus dem Holz eine farben- und formenreiche Welt. Mit sicherem Blick für die abstrakte Form in der realen Erscheinung, nicht ohne Hintergründigkeit und dunkel auch, war er vor allem von der sichtbaren Erscheinung des Menschen und der Natur bewegt.
Helmut Hornbogen:
Heiner Bauschert war Holzschneider sui generis. Das Holz hatte für ihn geradezu existenzielle Bedeutung. Es gibt einen Holzschnitt von 1980, auf dem er sein Bildnis halb aus den konzentrischen Jahresringen einer Hirnholzscheibe herauswachsen ließ, die bei ihm zur Zeitscheibe wurde: Der klaffende Spalt neben dem Selbstportrait mutet wie ein memento mori an, und darunter ist sein Geburtsdatum ins Holz gegraben.
Am 17. August 1928 war Heiner Bauschert in Tübingen als Sohn eines künstlerisch talentierten Volksschullehrers zur Welt gekommen. Von 1947 bis 1950 studierte er an der Akademie der bildenden Künste Karlsruhe bei Wilhelm Schnarrenberger (Malerei) und Karl Hubbuch (Zeichnen). Schon der Student entdeckte seine Liebe zum Holz als Urbild des Gewachsenen. Es begann ein stilles und zähes, aber freundschaftliches Ringen, bei dem Bauschert nach und nach schier unübertreffliche Souveränität im Umgang mit Holzstock und Schneidemesser entwickelte. Die formale Reduktion und das sensibel kalkulierte Verhältnis von Form und Farben wurden ihm immer wichtiger. So kam es dann bald, dass sich seine gegenständlich gebliebenen Blätter immer auch von der reinen Form her lesen ließen, wie sich das für alle bedeutende Kunst gehört.
Durch HAP Grieshaber in erster, Heiner Bauschert dann aber auch schon in zweiter Linie avancierte Südwestdeutschland, oder enger noch: die Gegend um Reutlingen und Tübingen, zu einem Zentrum des neuen deutschen Holzschnitts. An weiteren Namen wären Klaus Herzer, Andreas Felger und Manfred Degenhardt zu nennen. Heiner Bauschert, der sich bei seinen frühen schwarzweißen Schnitten zunächst von expressionistischen Ausdrucksweisen leiten ließ, gehörte aber zu den ganz wenigen Holzschneidern, die sich auf eigenen Wegen aus dem Schatten Grieshabers zu lösen vermochten.
Als er sich um 1950 extensiv der Technik des Holzschnittes zuwandte, gehörte einiger Mut dazu. „Denn noch war der Holzschnitt nicht so etabliert, als dass man einen ergiebigen Markt für ihn hätte finden können“, so schreibt Rainer Zerbst in einem Werkkatalog. „Noch war auch Grieshaber, knapp zwei Jahrzehnte älter als Bauschert, nicht populär. Zudem entwickelte Bauschert einen eigenen Stil, der in einer Zeit, in der die Kunstwelt von der Abstraktion und dem spontanen Ausdruck schwärmte, eigentlich gegen den Strom schwamm. Er strebte auch nicht eine symbolische Ausdrucksweise an wie Grieshaber, engagierte sich auch nicht so sehr für die politischen Vorgänge seiner Zeit wie sein älterer „Nachbar“ auf der Achalm bei Reutlingen. Dadurch stand er von vornherein weniger im Rampenlicht der Öffentlichkeit.“
Nach seinem Tod hatte sich die Witwe des Künstlers, Marianne Bauschert-Engel, mit Nachdruck und Geschick dafür stark gemacht, dass er als Holzschneider den ihm gebührenden Platz in der Kunstgeschichte Südwestdeutschlands einnehmen kann. 1996 hat Frau Bauschert-Engel dem Spendhaus in Reutlingen und der Städtischen Galerie in Albstadt jeweils um die hundert Holzschnitte zukommen lassen. Gerade bei diesen beiden Adressen sind die Blätter nun in herausragenden Sammlungen integriert. Dem Tübinger Stadtmuseum vertraute die Witwe zudem etwa hundert Druckstöcke an. Im Oktober 1998 wurde dort eine Bauschert-Werkschau eröffnet, in der nicht nur herausragende Farbholzschnitte zu bewundern waren, sondern auch das Spannungsfeld Skizze / Druckstöcke / Holzschnitt dokumentiert wurde.
Als er sich um 1950 extensiv der Technik des Holzschnittes zuwandte, gehörte einiger Mut dazu. „Denn noch war der Holzschnitt nicht so etabliert, als dass man einen ergiebigen Markt für ihn hätte finden können“, so schreibt Rainer Zerbst in einem Werkkatalog. „Noch war auch Grieshaber, knapp zwei Jahrzehnte älter als Bauschert, nicht populär. Zudem entwickelte Bauschert einen eigenen Stil, der in einer Zeit, in der die Kunstwelt von der Abstraktion und dem spontanen Ausdruck schwärmte, eigentlich gegen den Strom schwamm. Er strebte auch nicht eine symbolische Ausdrucksweise an wie Grieshaber, engagierte sich auch nicht so sehr für die politischen Vorgänge seiner Zeit wie sein älterer „Nachbar“ auf der Achalm bei Reutlingen. Dadurch stand er von vornherein weniger im Rampenlicht der Öffentlichkeit.“
Nach seinem Tod hatte sich die Witwe des Künstlers, Marianne Bauschert-Engel, mit Nachdruck und Geschick dafür stark gemacht, dass er als Holzschneider den ihm gebührenden Platz in der Kunstgeschichte Südwestdeutschlands einnehmen kann. 1996 hat Frau Bauschert-Engel dem Spendhaus in Reutlingen und der Städtischen Galerie in Albstadt jeweils um die hundert Holzschnitte zukommen lassen. Gerade bei diesen beiden Adressen sind die Blätter nun in herausragenden Sammlungen integriert. Dem Tübinger Stadtmuseum vertraute die Witwe zudem etwa hundert Druckstöcke an. Im Oktober 1998 wurde dort eine Bauschert-Werkschau eröffnet, in der nicht nur herausragende Farbholzschnitte zu bewundern waren, sondern auch das Spannungsfeld Skizze / Druckstöcke / Holzschnitt dokumentiert wurde.